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Beitrag 18: Den «Originaltext» rekonstruieren (Endzeitrede von Jesus, Teil 3)

Aktualisiert: 26. Jan.


Dieser Beitrag ist die Fortsetzung von Beitrag 17.


Die Endzeitrede von Jesus wurde für uns von Matthäus in Matth 24,1–51, von Markus in Mark 13,1–37 und von Lukas in Luk 21,5–36 überliefert. Die erste grosse Herausforderung mit diesen Texten: Nicht jeder der drei Schreiber – Matthäus, Markus und Lukas – hat alles aufgeschrieben, was Jesus ihnen sagte und nicht jeder schrieb das von Jesus Gesagte in exakt derselben Reihenfolge auf. Wir müssen deshalb den von Jesus gesprochenen «Originaltext» anhand der drei Evangelien-Texte sozusagen rekonstruieren. Indem wir die drei Texte wie drei Folien übereinanderlegen, erkennen wir das ganze Bild, respektive den ganzen Wortlaut der «Endzeitrede».

Drei weitere Vorbemerkungen:

  1. Es fällt insbesondere auf, dass nur Lukas in Luk 21,20–24 direkt auf die erste der drei Fragen der Jünger eingeht (= die Frage, wann denn der Tempel, den sie vor ihnen sahen, zerstört wird). Lukas erwähnt aber auch nur diese eine erste Frage der Jünger (Luk 21,7).

  2. Es fällt zudem auf, dass nur Matthäus in Matth 24,15–28 und Markus in Mark 13,14–23 das Thema «Trübsalszeit» (oder «Drangsalszeit» = die letzten sieben Jahre unserer Zeitrechnung) aufgreifen. Lukas meidet diese Passage.

  3. Und so hat jeder der drei Schreiber das aufgeschrieben, was für ihn selbst, gemäss seiner eigenen Persönlichkeit und für seine Leserschaft, besonders wichtig erschien. Aber deshalb haben wir drei Evangelien, die über jenes visionäre Gespräch am Abhang des Ölberges berichten. Alle drei zusammen zeigen das ganze Bild. Das führt uns erneut zum Grundsatz: Die Bibel muss durch die Bibel selbst ergänzt, erklärt und verstanden werden. Nur so sehen wir das ganze Bild.

Eigentlich möchte ich die Formulierung «die Endzeitrede von Jesus» – wie diese Bibelpassagen traditionell überschrieben werden – meiden. Denn der Fokus in diesen Kapiteln ist nicht das Ende der Zeit, sondern das erneute Kommen (das Wiederkommen) von Jesus Christus und der (grossartigen) Zeit danach. Es ist somit ein grossartiger Blick der Ermutigung nach vorne und nach oben. Man müsste diese Rede überscheiben mit «Die Ermutigungsrede von Jesus». Oder wie es Lukas ganz am Schluss in seiner Zusammenfassung formulierte: «Wenn aber diese Dinge anfangen zu geschehen, so blickt auf und hebt eure Häupter empor, weil eure Erlösung naht» (Luk 21,28). Grossartig! Mut tut gut! Trotzdem bleibe ich in den folgenden Beiträgen bei der traditionellen Überschrift, um nicht zu verwirren. (Die Überschriften in der Bibel sind erst viel später von den Übersetzern als hilfreiche Orientierung hinzugefügt worden. Sie sind nicht Bestandteil des ursprünglichen Bibeltextes und deshalb auch nicht Wort Gottes im göttlich inspirierten und verpflichtenden Sinn.)


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